Köstlicher Käse aus der Savoie – ein Besuch bei Fromages Paccard
Im Rahmen unseres Besuchs der Feinkostmesse SIRHA in Lyon haben wir neulich unserem Käselieferanten Paccard einen Besuch abgestattet. Das Familienunternehmen mit 12 Angestellten hat seinen Sitz in der Nähe des malerischen Dörfchens Manigod in der Haute Savoie, das man mit dem Auto über Serpentinenstraßen erreicht.
Obwohl wir uns nicht angemeldet hatten, nahm sich der Chef Jean-François Paccard, viel Zeit für uns. Eine Stunde lang führte er uns durch alle Reifekeller und zeigte uns die verschiedenen anderen Abteilungen, in denen die ganz frischen Käse angeliefert bzw. für den Versand vorbereitet werden. Den krönenden Abschluss bildete eine Verkostung verschiedener Käse, zu denen wir zur Feier des Tages – Philippe hatte Geburtstag – ein Gläschen Crémant de Savoie bekamen.
Aber beginnen wir von vorn: Die fromagerie Paccard befindet sich im Herzen der „vallée des Aravis“ auf etwa 1.000 Höhenmetern. Gegründet wurde das Unternehmen 1990 von Joseph Paccard. Heute wird es von seinen beiden Söhnen Jean-François und Bertrand geleitet. In einem vierstöckigen traditionellen Holzhaus, das sich so clever an den Hang schmiegt, dass jede Etage eine eigene Zufahrt hat, werden alle Käse der Savoie affiniert und verkauft: Reblochon, Tomme und Tommette, Chevrotin, Abondance, Beaufort und viele andere. Die frischen Käse beziehen die Paccards von rund 30 Bauern aus der vallée de Thônes und von kleinen handwerklichen Käsereien aus der Haute-Savoie, die jeden Tag ihre Rohlinge anliefern.
Mit der bewussten Entscheidung, kleine Produzenten zu unterstützen, tragen die Paccards zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und zum Umweltschutz in der Region bei, da kleine Hersteller die Umwelt weniger belasten als große Betriebe. Außerdem wird die Wärme der Kühlanlagen für die Gewinnung von Warmwasser genutzt und im gesamten Prozess der Affinage und der Pflege der Anlagen werden weder chemische Reinigungs- noch Desinfektionsmittel verwendet.
Diese Sorgfalt auf allen Ebenen zahlt sich aus: seitdem Paccard 1993 erstmalig am landesweiten Wettbewerb für Lebensmittelproduzenten in Frankreich, dem Concours Général Agricole de Paris, teilgenommen hat, wurden ihre Käse mehrfach und regelmäßig mit Auszeichnungen versehen. Insgesamt kommt Paccard bis heute auf 15 Goldmedaillen, 11 Silbermedaillen und 6 Bronzemedaillen für Reblochon, Chevrotin und Abondance.
Die Affinage von Reblochon, Chevrotin und Manigodine findet im zweiten Stock des Hauses in drei aufeinander folgenden Reifekellern statt, die all diese Käse nacheinander durchlaufen. Hier liegen sie auf speziellen Käsebrettern aus Kiefer in einer je nach Etappe unterschiedlichen Atmosphäre. In der ersten Kammer mit hoher Luftfeuchtigkeit bleiben sie rund 7 bis 10 Tage und werden dort insgesamt 2 Mal mit einer Lösung aus Wasser und Annato gewaschen. Dabei gibt es keine allgemein gültige Regel, nach der z.B. alle Käse von Regal 2, Brett 5 nach X Tagen reif für die Umsiedlung in die zweite Kammer wären. Stattdessen wird jeder Käse jeden Tag einzeln angeschaut und beurteilt – unter anderem diese Hingabe und Geduld zeichnet echte traditionelle Handarbeit aus.
In den zweiten, etwas trockneren Raum kommen die Käse, wenn sie keine Flüssigkeit mehr verlieren. Hier reifen sie weiter, werden aber nicht erneut gewaschen. Im dritten Raum herrscht wieder eine feuchtere Atmosphäre. Dadurch wird dem Käse erneut Feuchtigkeit zugeführt, damit er im Innern schön schmelzig wird.
Die Manigodine (eine Art größerer Reblochon, der ursprünglich für den Export in die USA und nach Canada gedacht war und erst nach 60 Tagen Reife auf den Markt kommt) und der Chevrotin (eine Art kleiner Reblochon aus Ziege) lagern zusammen mit den Reblochons.
Die Manigodine wird insgesamt 6 Mal mit gewaschen, der Chevrotin 2 Mal. Alle Käse werden täglich gewendet. Dies geschieht, damit die Feuchtigkeit sich gleichmäßig verteilt und die Käse nicht am Brett kleben bleiben.
Eine Etage weiter unten reifen die Hartkäse wie Abondance, Beaufort etc. und die Tommes und Tommettes. Hier riecht es streng nach Ammoniak. Das ist eine Begleiterscheinung der Zersetzung der Milchproteine, die bei jedem Käse stattfindet, sich jedoch mal mehr mal weniger deutlich bemerkbar macht. Nach ein paar ersten erstaunten und zaghaften Atemzügen, bei denen einem schier die Luft weg bleibt, hat man sich aber ganz schnell an den Geruch gewöhnt.
Nach der Besichtigung der Käsekeller zeigte Jean-François uns noch den eher logistischen Bereich, in dem der Käse für den Versand und Export vorbereitet wird.
Und dann ging es in eine Art „gute Stube“ mit schöner Aussicht ins Tal, wo wir zum krönenden Abschluss des Besuchs noch ein paar Käse verkosten durften: zwei Reblochons von verschiedenen Herstellern, eine Manigodine, ein Ziegenraclette, eine Tommette de brebis (Schaf) und ein Persillé de Tignes aus Ziegen- und Kuhmilch.
Jean-François öffnete extra für uns noch eine Flasche Crémant de Savoie und so ließen wir es uns schmecken. Alle Käse waren fantastisch, wenngleich die Ziegenraclette etwas fad schmeckte. Wie so oft, wenn etwas wirklich, wirklich gut ist, verstummten mit einem Mal alle Gespräche und machten einer genießerischen Stille Platz.
So gestärkt machten wir uns auf den Rückweg, mit im Gepäck viele bleibende Eindrücke und die Idee, im Herbst eine „Journée Savoyarde“ zu veranstalten. Wenn es so weit ist, halten wir Sie darüber selbstverständlich auf dem Laufenden.
Merci, Jean-François Paccard et à bientôt en Savoie ou à Berlin!
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Bei uns bekommen Sie aus der fromagerie Paccard folgende köstliche Käse: Abondance, Beaufort und Reblochon.